Dhamma - Saddhamma

Das Wort Dhammo in seinem weitesten Sinne ist im Kanon identisch mit unserem Worte »Ding«: schlechthin alles Erkennbare ist ein dhammo, ganz ebenso wie bei uns ein Ding. Dieser allumfassende Inhalt des Wortes »Dhammo« kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass im Kanon als die möglichen Objekte des Denksinnes stets die dhammā, also die Dinge, angegeben werden. Es heißt stets: »das Denken und die Dinge (dhammā)«, ganz ebenso wie »das Auge und die Gestalten, das Ohr und die Töne«. In seiner engsten und erhabensten Bedeutung ist »Dhammo« das Ding par excellence, das was unsere Philosophen »das Ding an sich« nennen, beim Buddho also das Nibbānam. In diesem Sinne nahm der Inder, wenn der Zusammenhang ihn ergab, das Wort dhammo auch ohne weiteres. Wir müssen dieses »Ding« näher als solches kenntlich machen, etwa eben als »Ding an sich« oder, mehr im Geiste des Buddho, als das »Wunderding« (Wissenschaft des Buddhismus, S. 261). Übrigens wird dieses Ding an sich im Kanon auch häufig ausdrücklich als solches herausgehoben, indem es Saddhammo genannt wird, »das beste Ding«, was auch unser Wort Wunderding im Grunde besagt.

Da die ganze Lehre des Buddho nur in der Verkündigung dieses Wunderdinges und des Weges zu seiner Verwirklichung besteht, so begreift das Wort »Dhammo«, das Wunderding, auch - wohl zu merken! - die ganze Lehre des Buddho in sich, ebenso wie in Indien das Wort Brahman nicht bloß das Absolute, sondern auch das »Wissen« von ihm (Veda) und damit den ganzen vedischen Schriftenkomplex in sich einschließt (Wissenschaft des Buddh., S. 258):

»Wohl verkündet ist vom Erhabenen das Wunderding (dhammo), klar sichtbar, jederzeit zugänglich, es heißt: ›Komm und sieh!‹, ist Führer, Verständige können es in ihrem eigenen Inneren feststellen« (Sam. LV, 1; Majjh. 38).                                             

(Grimm, Die Lehre des Buddho, 19.Aufl., S. 319 f.)

 

 


WEM IST DIE LEHRE ZUGÄNGLICH?

 

Der Buddha hat seine Lehre des allmählichen Fortschritts für alle Menschen verkündet; auch die mitten im Weltleben Stehenden soll die Lehre läutern und damit glücklicher machen:

"Wenn freilich diese Lehre nur von Herrn Gotama und den Mönchen und den Nonnen, aber nicht von den Anhängern und Anhängerinnen, im Hause lebend, weiß gekleidet, enthaltsam wandelnd, und nicht von den Anhängern und Anhängerinnen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Sinnenfreuden genießend, erlangt werden könnte, dann wäre dieses heilige Leben unvollkommen, eben insofern; weil aber diese Lehre sowohl von Herrn Gotama, den Mönchen und den Nonnen, wie auch von den Anhängern und Anhängerinnen, im Hause lebend, weiß gekleidet, enthaltsam wandelnd, und den Anhängern und Anhängerinnen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Sinnenfreuden genießend, erlangt werden kann, ist dieses heilige Leben vollkommen, eben insofern." (Majjh. 73)

 

Der Buddha in seiner höchsten Weisheit beschränkte sich in dem, was er verkündete, nur auf das, was unmittelbar zum Heil dient:

Zu einer Zeit weilte der Erhabene zu Kosambi im Sinsapawald. Und der Erhabene nahm wenige Sinsapablätter in seine Hand und sprach zu den Mönchen:

'Was meint ihr, Mönche, was ist mehr, diese wenigen Sinsapablätter, die ich in die Hand genommen habe, oder die anderen Blätter droben im Sinsapawald?' — 'Die wenigen Blätter, Herr, die der Erhabene in die Hand genommen hat, sind gering, und viel mehr sind jene Blätter droben im Sinsapawald.' — 'So auch, Mönche, ist das viel mehr, was ich erkannt und euch nicht verkündet, als das, was ich euch verkündet habe. Und warum Mönche, habe ich euch jenes nicht verkündet? Weil es euch, Mönche, keinen Gewinn bringt, weil es nicht den Wandel in Heiligkeit fördert, weil es nicht zur Abkehr vom Irdischen, zum Untergang aller Lust, zum Aufhören des Vergänglichen, zum Frieden, zur Erkenntnis, zur Erwachung, zum Nibbāna führt. Deshalb habe ich euch jenes nicht verkündet. Und was, Mönche, habe ich euch verkündet? Was das Leiden ist, habe ich euch verkündet; was die Entstehung des Leidens ist, habe ich euch verkündet; was die Aufhebung des Leidens ist, habe ich euch verkündet; was der Weg zur Aufhebung des Leidens ist, habe ich euch verkündet." (Sam. LVI, 31)

(BUDDHA seine Lehre und sein Weg, Max Hoppe) 

 

 


... Das Rad der Lehre
... Das Rad der Lehre

 

Gedicht von Māyā Keller-Grimm

 

 DIE MACHT DES DHAMMA

 

Laß dich durch nichts entmutigen,

durch nichts verlocken,

durch nichts beugen,

durch nichts beirren!

 

Lass die Geduld dein bester Freund

auf deinem Pfade sein!

Manche Niederlage wirst du erleiden,

doch letztlich wirst du immer Sieger sein.

Würdest du die Geduld verlieren,

so würdest du dich verlieren!

 

Lass den Dhamma dein innerer Führer sein!

Er ist die Quelle der Freude,

der Ruhe und Kraft;

und wenn du einmal um Hilfe flehst:

der Dhamma ist der stets gegenwärtige Gesandte

des Vollkommen Erwachten!

Er schenkt dir Kraft,

dein Vertrauen zu bejahen;

er ist der unerschöpfliche Born der Weisheit,

der Besitz, den dir niemand rauben kann.

Ist dein Geist von Ruhe umflossen,

führt er zur Offenbarung des

Tathāgata in dir! — — —

 

Weltalter hast du gebraucht,

bis du den Dhamma hast gefunden;

der Stromeintritt

wird dir zur Gewissheit werden.

Als Kämpfer ums Ziel hast du

unmöglich Scheinendes vollbracht;

als ein Geretteter stehst du

am anderen Ufer. — — —