Für den „Sinn“-suchenden Menschen hat die buddhistische Lehre Antworten, die weder von anderen Religionen, noch von weltlichen Philosophen befriedigend gegeben werden können. Wir erfahren dort, wie wir in diese oder jene Lebenssituation geraten können, von den Bedingungen, die diesen zugrunde liegen und letztlich erfahren wir von einem „Weg“, der aus dem „Kreislauf der Wiedergeburten“ – Samsāra – herausführt.

 

Ist Buddhismus überhaupt eine Religion, und was ist darunter zu verstehen?

„'Fromm' ist ein religiöser Begriff, bedeutet eine religiöse Weltanschauung haben. Religiös ist aber eine Weltanschauung, wenn man sich in seinem Gewissen verpflichtet fühlt, auch auf die Sicherung seiner großen Zukunft nach dem Tode bedacht zu sein, sich an diese Verpflichtung ‚gebunden‘ erachtet (religatur), gleichviel ob man dabei an einen persönlichen Gott glaubt oder nicht. Das ist der eigentliche Sinn des Begriffes Religion, so befremdend diese Definition dem modernen, in diesem Sinne durchaus areligiösen Menschen auch erscheinen mag. Wegen dieser seiner Gewissensverpflichtung sieht sich ein religiöser Mensch insbesondere genötigt, sein Handeln nicht mehr ausschließlich auf die hemmungslose Befriedigung der Gier nach sinnlichem Genusse einzustellen, sondern die Folgen zu erwägen, die sich aus einem solchen brutalen Egoismus für das kommende Leben ergeben könnten. So führt eine religiöse Weltanschauung unweigerlich zur Veredelung der Lebensführung des Menschen und, wenn sie ein ganzes Volk erfüllt, des Volkes. Fehlt diese das Gewissen verpflichtende Hemmung, so kann es höchstens zur Zivilisation kommen, zur Verfeinerung der Genusssucht, zu deren Befriedigung man auch nicht vor den brutalsten Mitteln zurückschreckt.“ (Grimm, Die Lehre des Buddho, S. XXIX)

 

In seiner Vorrede in „Die Wissenschaft des Buddhismus“, geschrieben im November 1922, ist folgendes von Georg Grimm zu lesen:

„Wir sind nicht die vergänglichen Zeitwesen, die, jeden ungenossenen Augenblick für verloren achtend, die Gegenwart, die Trägerin aller unserer Genüsse, möglichst auskosten sollen, wie uns eine seichte Weltanschauung wähnen lässt, sondern wir sind in unserem tiefsten Grunde außerzeitlich, überweltlich, in uns selbst unbedingt selig. Alles Leiden wird für uns überhaupt erst dadurch möglich, dass wir uns in das Leben hineinbegeben, das uns also wesensfremd ist und nur ein Phänomen darstellt, welches wir selbst erst für uns hervorbringen, indem wir seit anfangslosen Zeiten jeweils im Zeitpunkt unseres Todes in unserem Drang nach diesem Phänomen einen neuen Keim in einem Mutterleib ergreifen und diesen zu einem Organismus gestalten. Unsere speziellen Leiden aber schaffen wir uns wiederum selber dadurch, dass wir jeweils einen solchen Drang in uns entwickeln, dass er uns gerade den Keim ergreifen lässt, den wir tatsächlich ergreifen, und uns in die Verhältnisse und Lagen führt, in denen wir uns nachher tatsächlich sehen, wobei diese Verhältnisse und Lagen um so ungünstiger sein müssen, je selbstsüchtiger der Drang war, und um so glücklicher, je mehr er sich auch auf das Wohl der Mitwesen erstreckte.“ (Grimm, Die Wissenschaft des Buddhismus, 1978, S. 13)

 

Die Eigenverantwortung hat in dieser Lehre höchsten Stellenwert! Das ist zwar nicht sehr bequem, ergibt aber einen „Sinn“ sowohl für die Qualität unseres gegenwärtigen Daseins als auch für unsere Zukunft nach dem Tod unter der Voraussetzung, dass es eine Wiedergeburt gibt. Es heißt da nämlich:

„Mein Wirken ist mein Besitz, mein Wirken ist mein Erbteil, mein Wirken der Mutterleib, der mich gebiert, mein Wirken ist das Geschlecht, dem ich verwandt bin, mein Wirken ist meine Zuflucht.“ (Ang. 5 ,57)

 

Kann die Wiedergeburt auch begründet werden?

„Im Licht des Meisters – Die Lehre des Buddha in Frage und Antwort“, geschrieben von Māyā Keller-Grimm, ist im Kapitel „Die Wiedergeburt“ Folgendes zu lesen:

Früh-Buddhismus/Wiedergeburt

 

Das auszeichnende Merkmal in der Buddhalehre ist, das alles begründet werden kann und auch begründet wird.