Er war einer der Pioniere des deutschsprachigen Buddhismus. Durch seine Übersetzungen aus dem Pāli-Kanon sowie seine Bücher (s. Rubrik „Bücher“) hat er dazu beigetragen, das frühbuddhistische Verständnis des Anattā-Gedankens im Sinne Georg Grimms zu verbreiten.
„In Georg Grimm traf Karl Seidenstücker, der als Indologe ein Schüler von Ernst Windisch war, einen Geistesverwandten, der ihm die wertvollsten Anregungen gab. Nach dem Erscheinen des Hauptwerkes von Georg Grimm "Die Lehre des Buddha" im Jahre 1915 schrieb Karl Seidenstücker: '…Von Fragen von ganz untergeordneter Bedeutung abgesehen, muss ich sagen, dass ich eine so tiefe und treffende Darstellung der Buddha-Lehre noch nirgends gefunden habe. Vor allen Dingen freut mich die Bejahung und Betonung des transzendentalen Subjekts, dies war vor allen Dingen das Eine, was notwendig war…' Gemeinsam gaben dann [ab 1919] Karl Seidenstücker und Georg Grimm die Zeitschrift "Buddhistischer Weltspiegel" heraus, eine Monatsschrift für Buddhismus und religiöse Kultur auf buddhistischer Grundlage. Die Schriftleitung hatte Georg Grimm.“ YĀNA 1976, 5.+6. Heft
Im Juli 1921 gründeten Georg Grimm und Karl Seidenstücker die erste „Buddhistische Gemeinde für Deutschland“.
Karl Seidenstücker war nicht nur „Gelehrter“, sondern praktizierender Laienanhänger des Buddha. Es gibt dafür eine beeindruckende Geschichte: Im ersten Weltkrieg erkrankte Seidenstücker schwer, die Ärzte sahen seinen Zustand als sehr bedenklich an. Seidenstücker erinnerte sich an eine Lehrrede: „Girimānanda“, Ang. 10,60, wo der Buddha einem kranken Mönch zehn Übungen übermitteln ließ, bei deren Ausführung die Krankheit schwinden würde – der Mönch wurde gesund. Und auch Seidenstücker konnte nach drei Tagen das Lazarett verlassen...