Der Sangha -

die Jüngergemeinde des Erhabenen


Gründung, Werdegang und Auflösung der Gemeinde

Georg Grimms und seiner Nachfolger


ehemalige Altbuddhistische Gemeinde, Utting a.A., „Buddhistisches Haus Georg Grimm“
ehemalige Altbuddhistische Gemeinde, Utting a.A., „Buddhistisches Haus Georg Grimm“

Georg Grimm begann 1919 zusammen mit dem Indologen Karl Seidenstücker, die Zeitschrift „Buddhistischer Weltspiegel“ herauszugeben. Es reifte der Wunsch nach einer buddhistischen Gemeinde. In der Januar-Februar-Ausgabe 1920 erfolgte der erste Gründungsaufruf. Es sollte eine lebendige, buddhistisch-religiöse Gemeinschaft entstehen, die die Lehre des Buddha zu verwirklichen trachtete.

„Religiös sein, heißt, sein Leben praktisch auf die Verwirklichung seiner ewigen Bestimmung einzustellen. Eben deshalb heißt Buddhist sein, sein praktisches Leben der Lehre gemäß zu gestalten …“ Georg Grimm schreibt weiter, wie das Gemeindeleben gestaltet werden sollte: „… In täglichen Vorträgen, im gegenseitigen Gedankenaustausch soll ein immer klareres und damit lebendigeres Verständnis der Buddhalehre bei den Teilnehmern erzielt und soll sie während dieser Zeit von diesen in ihren Vorschriften auch gelebt werden, kurz, es sollen geistliche Exerzitien abgehalten werden. Jeder, dem es ernst ist, ist willkommen, der Gelehrte nicht weniger wie der schlichte Arbeiter …“

Dieser Aufruf löste unter den Lesern reges Interesse aus. In der Korrespondenz der Interessierten gab es einige Vorschläge, wie eine Gemeinde organisiert werden könnte. Ein Vorschlag war, dass sich eine „Buddhistische Gemeinde für Deutschland“ bildete, in die Tat umgesetzt wurde. Der 20. Juli 1921 – der Vollmondtag im Juli, der als hoher Festtag im Pāli-Buddhismus gefeiert wird, genannt Dhammacakka-uposatha – wurde als Gründungstag für die erste „Buddhistische Gemeinde für Deutschland“ gewählt.

Die neu gegründete Gemeinde verstehe sich als „Gemeinde religiös ausgerichteter Laienanhänger“, so Karl Seidenstücker im Juli-Heft 1921 des „Buddhistischen Weltspiegels“. Er fuhr fort: „Ein buddhistischer Laienanhänger ist jeder, der durch das Aussprechen der ‚Dreifachen Zuflucht‘ bezeugt, dass er den Buddha fortan zu seinem Lehrer und Vorbild erwählt, dass er in der Lehre den Inbegriff und die Grundprinzipien der Wahrheit und Gerechtigkeit, sowie den Weg zur Selbstvervollkommnung und Befreiung erblickt, dass er die Brüderschaft der Erlesenen als die verehrungswürdigen Nachfolger des Erhabenen betrachtet; der Laienanhänger bekundet ferner durch das Aussprechen der ‚Fünf Gebote‘, die nur das Mindestmaß, das Grundgerüst einer sittlichen Lebensführung darstellen, dass er die Regeln eines sittlichen Wandelns, wie sie der Buddha für weltliche Anhänger aufgestellt hat, als Richtschnur anerkennt und dass er aufrichtig entschlossen ist, ihnen nachzuleben.“

Es folgten segensreiche Jahre mit großen öffentlichen Uposatha-Feiern, geleitet von Georg Grimm und Karl Seidenstücker. Vorträge vor ca. 500 Zuhörern im früherem Steinecke-Saal in München und über 1000 Zuhörern in der Aula der Universität zeigen, wie groß das Bedürfnis der Menschen nach religiösen Inhalten war. Auch andernorts wurden seine Vorträge geschätzt. Zusammenkünfte der Gemeinde fanden z. B. in der Wohnung der Grimms, bei Mitgliedern oder im großen Waldgarten, den Grimm erwarb, statt.

Georg Grimm nahm jeden Menschen, der sich mit der Bitte um Beratung und Unterweisung an ihn wandte, sehr wichtig. Seine ganze Freude war, wenn er wirkliche Kämpfer im Sinne des frühbuddhistischen Pfades um sich sah. Ein Mensch, der sich der Buddhalehre verpflichtete und sie im Alltag lebte, galt als ernsthaft Strebender. Nach feierlicher Ordination durch Georg Grimm wurden die Buddhajünger Bruder bzw. Schwester gemannt. Für die Eingeweihten war es deshalb keineswegs überraschend, dass nach drei Jahren, am 26. September 1924, die „Buddhistische Gemeinde für Deutschland“ in die „Buddhistische Loge zu den Drei Juwelen“ umgewandelt wurde. In dieser nach außen abgeschirmten Gemeinde konnte sich jedes Mitglied in tiefer Abgeschiedenheit seinen Pfad gehen und Georg Grimm stand mit Rat und Tat fördernd zur Seite.

Von November 1924 bis Dezember 1931 erschien das Mitteilungsblatt „Der Spiegel der Lehre. Organ der Buddhistischen Loge zu den Drei Juwelen“. Der Titel wurde 1932 in „YĀNA“ [Fahrzeug] geändert. Die Hefte konnten in den nachfolgenden Jahren nicht mehr regelmäßig erscheinen.

Mit der Machtergreifung Hitlers, die in die gleiche Zeit wie die Umsiedlung der Grimms nach Utting am Ammersee fiel, wurde die gute Entwicklung jäh unterbrochen. Im Jahre 1934 wurde die Loge verboten, der „Samsāro“ – eines der bekanntesten Werke Georg Grimms – verbrannt, und es durften nicht mehr als drei Mitglieder gleichzeitig zusammen kommen. Das Gemeindeleben wurde während der NS-Diktatur durch die Obrigkeit überwacht und eingeschränkt. Das Gemeindemitglied Hans Keller wurde, in Vertretung Georg Grimms, mehrmals von der Gestapo zum Verhör nach München einbestellt.

Im Juni 1935 wurde die Loge in die „Altbuddhistische Gemeinde“ (ABG) umbenannt. Es bildeten sich eine religiös ausgerichtete Laienschaft und ein „Innerer Kreis“ aus Ordinierten; gemeinsames Ziel war die Sotāpannaschaft. 

Von seinen Anhängern, Freunden und Weggefährten erfuhr Georg Grimm, unser Mahā-Thera, wie er nach seinem Ableben respekt- und liebevoll genannt wurde, große Verehrung, Würdigung und Dankbarkeit für die Hingabe, mit der er die Erlösungslehre des Buddha als die absolute religiöse Wahrheit verkündete, für seine richtungsweisende Übersetzung des Pāli-Kanons ins Deutsche und für die liebevolle und geduldige Unterstützung, die er zahlreichen Suchenden schenkte. Er gab „… durch seine mächtig aus ihm strahlende Überzeugungskraft und durch sein Richtung weisendes Beispiel den Anstoß zum Zusammenschluss seiner Anhänger und Freunde zu einer Gemeinschaft, die in einer Bruderschaft gipfelte. Wahlverwandtschaft in der Tiefe des Anliegens und eine klar vorgetragene Lehre, die dem Verständigen auch gerade in heutiger Zeit und für die Große Zukunft nach dem Tode Führung gibt, verbindet die Weggefährten.“ (YĀNA, 1978, Umschlagseite)

Georg Grimm, ist am 25. August 1945 von uns gegangen.

 

Māyā Keller-Grimm (Schwester Māyā), die Tochter Georg Grimms, führte die spirituelle Arbeit ihres Vaters fort, organisierte das Gemeindeleben und unterhielt das Haus. Im November 1945 kam Max Hoppe, der nur kurz in Kriegsgefangenschaft gewesen war, wieder nach Utting, um seinen Lehrer Georg Grimm zu besuchen. Ihn traf er nicht mehr an. Schwester Māyā bot ihm an, im Haus zu bleiben und die Altbuddhistische Gemeine wieder aufbauen zu helfen. Max Hoppe gehörte zu den Ältesten der Gemeinde und wurde Br. Dhammapālo genannt. Er förderte den Zusammenhalt in der Gemeinde und trug dazu bei, dass gegenseitiges Vertrauen entstand. Ab 1947 erschien wieder regelmäßig die zweimonatliche Zeitschrift YĀNA unter Leitung von Māyā Keller-Grimm und Max Hoppe. Das „Buddhistische Haus Georg Grimm“ entwickelte sich zu einer Wallfahrtsstätte.

Es entfaltete sich ein reges und fruchtbares Gemeindeleben, das seine Blüte wohl in den 60er und 70er Jahren hatte. Es fanden regelmäßig Uposata-Feiern statt, zu zahlreichen Vorträgen und „Wochen des Beisammenseins“ kamen Interessierte und Laienanhänger, vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum. Das frühbuddhistische Zentrum wurde zum Anlaufpunkt vieler Suchenden – sie fanden Gleichdenkende, Gleichgesinnte, Freunde und Weggefährten, die am Anfang ihres Weges die fünf Sīlas beachten und eine gütige Gesinnung gegenüber allen Lebewesen entfalten sollten. Das bedeute ernstes Arbeiten an sich selbst, vor allem an der Läuterung des Gemütes.

Der Altbuddhistischen Gemeinde wurde in den 60er Jahren, als erstem buddhistischem Zentrum in Deutschland, der Status eines gemeinnützigen Vereins zuerkannt.

In den 80er Jahren, Schw. Māyā hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon zurückgezogen, lag die Hauptverantwortung bei Br. Dhammapālo. Er gestaltete vorwiegend Zusammenkünfte und Vorträge. 1989 hat sich Br. Dhammapālo als Ältester zurückgezogen.

Schw. Māyā Keller-Grimm starb im Februar 1990. Wer sie aus ihren Schriften – vor allem auch ihren Gedichten – kennt, weiß, dass hier eine Buddhajüngerin den Pfad gegangen ist. Sie war ein leuchtendes Vorbild im Saddhamma. Wir gedenken ihr in Dankbarkeit.

 

War man auf das Ableben von Schw. Māyā schon etwas vorbereitet durch ihren sich verschlechternden Gesundheitszustand, war der Tod von Br. Dhammapālo, Max Hoppe, im Oktober 1992, im Alter von 85 Jahren, für alle unerwartet. Er war für viele ein väterlicher Freund und Lehrer gewesen und hinterließ eine große Lücke. Sein immer wieder eindringlicher Appell, den „stillen Winkel“ aufzusuchen, kam aus der Erfahrung heraus, dass dort die Kraftquelle liegt, die uns die richtige Nahrung auf dem Pfad spendet. Die religiöse Toleranz, die er lebte, anerkannte jedes ernsthafte und aufrichtige Streben. So war es vor allem sein ausgleichendes Wesen, das der Altbuddhistischen Gemeinde diente.

In den Jahren 1993 und 1994 wurden das „Buddhistische Haus Georg Grimm“ und die Gartenanlage saniert. Am 21. Juli 1996 wurde das 75-jährige Bestehen der Gemeinde mit vielen Gästen gefeiert. Waren die Führungslasten noch auf mehreren Schultern verteilt, änderte sich dies mit den Jahren. Eine tüchtige Frau leitete Haus, Gemeinde und die Redaktion der Zeitschrift Yāna bis Ende 2002.

 

Dann wurde das weltweit einzige Zentrum für Frühbuddhismus, die „Altbuddhistische Gemeinde“ 81 Jahre nach Gründung der „Buddhistischen Gemeinde für Deutschland“, aufgelöst.

(z.T. YĀNA, 1961, S. 92-99)

(Diese Ausführungen beanspruchen keine Vollständigkeit.)

 

Freundeskreistreffen Georg Grimm

 

Die frühbuddhistische Lehre im Geiste Georg Grimms führte im Jahr 2004 einen kleinen Freundeskreis zusammen. Und Dank des Internets melden sich immer wieder Grimm-Interessierte aus dem deutschsprachingem Raum.

 

Sie treffen sich einmal im Jahr. Diese Zusammenkunft dient zum Austausch und zur Pflege der Freundschaft auf dem Achtfachen Pfad.

 

Bei Interesse melden Sie sich bitte unter dem Kontakt-Formular, um den aktuellen Termin zu erfahren.

 


Wir Buddhajünger folgen dem Buddha, unserem gemeinsamen Lehrer und sind bestrebt, seine Lehre zu verwirklichen. Ethisches Verhalten, Sammlung und Weisheit führen zur Befreiung und Erwachung.

Die „Drei Juwelen“ zu denen jeder Buddhajünger Zuflucht nimmt, sind: zum Buddha, zum Dhamma und zum Sangha [s. „Die tägliche Andacht (Puja)“].

Die Buddhajünger nehmen Zuflucht zur Jüngergemeinde (sāvakasangha) des Erhabenen (Buddha) als der Gesamtheit der "hohen" oder der "erlesenen" Jünger (ariyasāvakas), gleichviel ob diese Erlesenen nun Mönche oder Laien sind. Es handelt sich eben nicht alleine um die Mönchsgemeinde, Bikkhusangha, sondern auch um die Gemeinde weltlicher Laienanhänger, denn auch sie können die Sotāpannaschaft oder eine noch höhere Etappe des Weges zu Nibbāna verwirklichen. Der Sangha der „Erlesenen“ (sāvakasangha) ist auch in den „Himmelswelten“ anzutreffen.

 

Der Buddha selbst beschreibt für jeden Heilssuchenden, worauf dieser hinzuarbeiten hat: 

„Das auf Erkenntnis gegründete Vertrauen zum Sangha wird mich erfüllen:

In rechtem Wandel lebt die Jüngergemeinde (sāvakasangha) des Erhabenen, in geradem Wandel, nach der rechten Methode, in wahrem Wandel lebt die Jüngergemeinde des Erhabenen, – nämlich die vier Paare von Menschen, die acht Arten von Menschen.[1] Das ist die Jüngergemeinde des Erhabenen, würdig der Darbringungen, würdig der Spenden, würdig der Gaben, würdig, dass man die Hände in Ehrfurcht vor ihr erhebt, das unübertroffene Saatfeld der Welt für Glück bringende Wohltätigkeit.“  (Ang. VIII, 39; Sam. LV, 1 u.a.; u.v.a.)


[1] Die vier Paare und die acht Arten von Menschen:
Der Sotāpanna (der in den Strom [der zu Nibbānam führt] der Lehre Eingetretene),
der Sakadāgāmī (der Einmalwiederkehrer),
der Anāgāmī (der Nichtwiederkehrer) und
der Arahant (der Heilige) sowie
die sich jeweils noch auf dem Pfad zur "Frucht" der entsprechenden Etappe auf dem Hohen Pfad befindenden erlesenen Jünger. 

 

Der Sangha als Drittes Juwel umfasst die Gesamtheit der „erlesenen“ Jünger. Wer ist nun ein solcher erlesener Jünger?

Das Ziel des heiligen Wandels ist die Vernichtung des Durstes (tanha) nach Welt und Leben. Dieser Durst richtet sich in seinen niederen Formen in einem in den Wesen hausenden, im Verlaufe ihres Samsara (Kreislauf der Wiedergeburten) großgezogenen Hanges in fünffacher Richtung.

Es ist

  1. der Hang zum Glauben an Persönlichkeit als unsere Essenz (sakkāyaditthi),
  2. der zur krankhaften Sucht ausgeartete Hang, an dem vom Buddho in seiner Anattā-Lehre enthüllten Tatbestand, nach welchem die Persönlichkeit eine bloße »Beilegung« (upadhi) von uns ist, trotz aller Aufklärung, mag diese auch noch so zwingend sein, zu zweifeln,
  3. der Hang, sein Heil von einer, Gott genannten, überweltlichen Macht auf Grund religiöser Zeremonien und Gebräuche, insbesondere von Gebeten, zu erwarten,
  4. der Hang nach den durch die Objekte der fünf Außensinne ausgelösten Freuden (kāmā),
  5. der Hang zum Ärger über alles, was den Eigenwillen durchkreuzt.

 

Der Hang zum Glauben an Persönlichkeit ist so tief in die Wesen eingesenkt, dass sie gemeinhin gar nicht fähig sind, auch nur den Versuch zu einem gegenteiligen Denken zu machen, und auch von den wenigen, die dazu in der Lage sind, werden die meisten früher oder später die Beute der sie mehr und mehr überwältigenden pathologischen Zweifelssucht. Es ist geradeso, wie ein sinnlicher Mensch den Hang zur Wollust trotz aller Erkenntnis ihrer Verderblichkeit erst in jahrelangen schweren Kämpfen zu meistern lernt.

Diese Äußerungsarten des Durstes in seinen niederen Formen nennt der Buddho »die fünf an das Niedere«, nämlich die Welten der Sinnenfreuden, »fesselnden Koppeln« (orambhāgiāni saññojanāni). Die Vernichtung des Durstes hat daher vor allem durch die Vernichtung dieser fünf niederzerrenden Koppeln zu erfolgen, und zwar methodisch, stufenweise, in vier großen Etappen.

Wer als Buddhajünger auf einer dieser vier Etappen wandelt, der ist ein »Hoher«, ein »Erlesener« Jünger.

 

Es sind also gleich zu Anfang des „Weges“ Hürden zu bewältigen, die nur mit einem „Neuen Willen“, den wir uns erschaffen müssen, in Angriff nehmen können.

Der Buddha hat dazu Wege aufgezeigt, die gangbar sind; und wir haben in Georg Grimms Schriften „Wegbeschreibungen“, die Mut machen, diese zu gehen!

 


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