Der Puggala – der Lastträger

 

Für "Mensch" gibt es im Pāli sechs Wörter, von denen jedes eine andere Färbung hat:

  1. pajā die Menschheit im allgemeinen;
  2. manussa der Mensch im Gegensatz zu Göttern und Geistern;
  3. jana der Mensch als Lebewesen;
  4. purisa der Mann im Gegensatz zur Frau;
  5. sakkāya der Mensch als Gesamtheit und Zusammenspiel der fünf Gruppen, die Person oder Persönlichkeit;
  6. puggala der einzelne Mensch im Gegensatz zu einer Menschengruppe.

Auch Puggala kann mit "Person" übersetzt werden, aber dann könnte man es mit sakkāya verwechseln, das gewöhnlich mit "Person" übersetzt wird. Der Puggala ist derjenige, der sich in Nichtwissen bzw. Verhaftetsein einen Sakkāya beigelegt hat. Der Sakkāya ist die Persönlichkeit, die "Maske", die fünf Haftensgruppen. Der Sakkāya kann die fünf Gruppen nicht abwerfen, denn er besteht aus ihnen; der Puggala kann es. Der Puggala bezeichnet das durch sein Anhaften mit der Persönlichkeit verkoppelte Wesen, das als Person in Erscheinung tritt, im Gegensatz zum Tathāgata, dem völlig Losgelösten.

 


"Die Last will ich euch zeigen, Mönche, und den Träger der Last, das Auf-sich-Nehmen der Last und das Ablegen der Last. Das höret:

Was ist nun die Last (bhāra)? Der Körper, Mönche, ist die Last, die Empfindungen sind die Last, die Wahrnehmungen, die Gemütstätigkeiten und das Bewusstsein.

Und wer ist der Träger der Last (bhārahāra)? Das Individuum (puggala), nämlich der Ehrwürdige mit diesem oder jenem Namen, aus der oder jener Familie.

Und was ist das Auf-sich-Nehmen der Last (bhāradāna)? Es ist der Durst (tanhā), der zu neuem Werden führend, mit Begehren verbundene, bald hier, bald dort sich freuende, nämlich der Durst nach Sinnenlust, der Durst nach Werden, der Durst nach Vernichtung.

Und was ist das Ablegen der Last (bhāranikkhepana)? Was da eben dieses Durstes Verblassen, Aufhören, sein Ablegen, das Sich-Loslösen davon, die Befreiung von ihm ist."

(Sam. 22, 22)

 


 

Kann man sagen, dass der gleiche Mensch, der stirbt, 

auch wiedergeboren wird?

 

Insoferne man den Lastträger im Auge hat, der mit dem Tode seine Persönlichkeit abwirft, um auf dem Wege der Wiedergeburt eine neue Persönlichkeit anzunehmen, ist es der gleiche. Soferne man aber mit dem Sterben der Persönlichkeit den Herrn X oder die Frau Y selbst zugrundegehen sieht, ist es natürlich nicht der gleiche, der wiedergeboren wird. Folgendes Beispiel aus den heiligen Texten mag es verdeutlichen:

Anāthapindika, der Wohltäter des Buddha, war gestorben und in himmlischer Welt wiedererschienen. Eines Nachts nun, während der Meister in tiefer Meditation versunken dasaß, erschien ihm Anāthapindika in göttlicher Gestalt. Nach einer Lobpreisung des Buddha und seines größten Jüngers Sāriputta verschwand er wieder. Noch ehe die Nacht zu Ende gegangen war, berichtete der Buddha seinen Jüngern von der göttlichen Erscheinung. Ānanda fragte den Meister:

"Dieser da, der wird wohl sicherlich, o Herr, Anāthapindika, das Himmelswesen, sein; Anāthapindika, o Herr, der Hausvater, war von unerschütterlichem Vertrauen zum ehrwürdigen Sāriputta erfüllt." -- "Recht so, Ānanda, recht so. Soweit es durch Denken erfassbar ist, hast du es erfasst: Anāthapindika ist es, das Himmelswesen ist kein anderer." (Majjh.143)

Die Persönlichkeit (sakkāya) des Hausvaters Anāthapindika als Inbegriff der fünf Gruppen des Anhaftens hatte sich mit dem Tode aufgelöst; der Lastträger (puggala) aber blieb vom Tode unberührt und hatte sich eine neue Persönlichkeit in himmlischer Welt geschaffen.

 

(M. Keller-Grimmm, Im Lichte des Meisters, Nr.151)