Māyā Keller-Grimm (Schwester Māyā)

Māyā Keller-Grimm lebte und wirkte von 29. Juli 1899 bis 15. Februar 1990
Māyā Keller-Grimm lebte und wirkte von 29. Juli 1899 bis 15. Februar 1990

In einem YĀNA-Artikel von 1989, „Götterboten“, ist von Schw. Māyā Keller-Grimm Folgendes zu lesen: „Krankheit, Alter und Tod waren mir bereits im frühesten Kindesalter vertraut. Ich stand am Bett schwerkranker Menschen, ich glaubte, ihr Leid wie mein eigenes zu spüren, und weinte mit ihnen. Ich stand an blumengeschmückten Särgen, konnte nichts anderes sehen als leere, verlassene Hülsen, vom Eigentümer zurückgelassen, Hülsen, deren Verwesungsgeruch auch der Duft der Blumen nicht zu verdrängen vermochte. Und ich sah alte Menschen im Greisenalter, schwer an der Bürde ihrer zur Last gewordenen körperlichen Beilegungen tragend. Doch blieb dem Kind das Alter als eigenes Erleben schwer vorstellbar; es erschien mir wie ein graues Gespenst, das die Wesen überfällt, sofern sie nicht schon in jungen Jahren starben.“

 

Dass man als Kind schon solche Begegnungen hat, ist nicht selbstverständlich. Kinder will man ja eher vor leidvollen Anblicken verschonen. Das tiefe Mitgefühl mit Kranken und das aufmerksame Beobachten des toten Menschen deuten schon die Richtung an, welchen Weg Schw. Māyā einmal einschlagen wird. Als sie lesen konnte, durfte sie am Abend, wenn die Familie zusammen war, Schopenhauer oder eine Lehrrede aus dem buddhistischen Pāli-Kanon vorlesen. Es waren natürlich vom Vater, Georg Grimm, ausgesuchte Stücke, die kindgerecht besprochen wurden. Begegnungen mit den Indologen und Philosophen Paul Deussen und Karl Seidenstücker haben bestimmt auch das Ihrige dazu beigetragen, dass die „Richtung“ stimmte. Nach dem Tod ihres Vaters und Lehrers Georg Grimm im August 1945 ging es vor allem darum, die Altbuddhistische Gemeinde wieder zu organisieren. Durch die Kriegswirren waren nur vereinzelte Besuche im Hause möglich gewesen. Es dauerte zwei Jahre, bis YĀNA, Zeitschrift für Buddhismus und religiöse Kultur auf buddhistischer Grundlage, wieder regelmäßig alle zwei Monate erscheinen konnte.

 

Allmählich belebte sich die Gemeinde wieder, Vorträge, Wochen des Beisammenseins (Seminare) fanden statt. Māyā Keller-Grimm und Max Hoppe planten und organisierten frühbuddhistische Veranstaltungen und redigierten die Zeitschrift YĀNA. Zusätzlich versorgte Māyā Keller-Grimm Haus und Haushalt.

 

Wer einen Eindruck von der spirituellen Kraft und Ausstrahlung Schw. Māyās erfahren will, sollte sich ihre Vorträge anhören und vor allem die Gedichte lesen, die von dem „Hohen Pfade“ und ihrem eigenen Erleben künden. Güte und Mitleid gegenüber allen Wesen, vor allem auch gegenüber den Tieren, ist ein hervorstechendes Merkmal von ihr.

 

In ihren letzen Jahren lebte Schw. Māyā zurückgezogen, nahm an den Veranstaltungen zwar nicht mehr teil, jedoch wirkte sie noch im Hintergrund und stand auch der Redaktion des YĀNA zur Verfügung.

 

Schw. Māyā war für viele Menschen ein Kalyānamitta, der gute Freund auf dem hohen Buddha-Pfad. Sie verdient tiefe Dankbarkeit und Verehrung, die wir Schüler ihr dadurch beweisen, indem wir dieses geistige Erbe annehmen und praktizieren, weil wir es als große Gabe erkennen.

 

SEI DIR UND ANDERN FREUND

 

Vergelte Böses stets mit Gutem,

dann freust du dich, hast immer Recht.

Dein Durst verwandle sich in Milde –

sei nie des Bösen eitler Knecht!

 

Und streite niemals mit dem andern –

was ist schon die Persönlichkeit!

Verströme Ruhe, heit'ren Frieden –

nur so löst sich des andern Leid.

 

Geh klaren Blickes durch das Leben:

Der Leidensdruck ist ach so groß.

So mancher ist am falschen Weg gescheitert,

ein andrer ward am rechten Weg die Bürde los.

 

Zeig dem, der Augen hat, den Weg zum Frieden,

der still verborgen in ihm ruht:

Loslösend mag er sich befreien –

wenn abgekühlt des Feuers Glut.

 

Māyā Keller-Grimm